Ein jeder von uns kennt es doch, dieses Gefühl, völlig in einem Spiel zu versinken. Die Zeit verfliegt plötzlich, Stunden fühlen sich an wie Minuten und man ist völlig in seinem Element. Plötzlich ist man nicht mehr das liebe Mädchen von neben an, sondern eine gefürchtete Assasine, ein hoch geschätzter Schamane oder ein grauenvoller Troll.
Man schlüpft in eine Rolle, in ein Leben, dass so völlig anders ist als das eigene und dass sich irgendwie richtig anfühlt. Dort gehört man hin. In das fremde Reich, als Held einer fremden Welt.
Aber halt, stopp! Das ist doch alles nur ein Spiel! Oder?! Aber was macht dieses Spiel eigentlich mit unserer Wahrnehmung? Erinnert ihr euch noch alle an den großen Aufschrei, als „World of Warcraft“ damals das Licht der Welt erblickte und abertausende Spieler in seinen Bann zog? Es wurde verteufelt und als gefährlich verschrien, aber was ist dran an der ganzen Sache? Beeinflussen uns die Spiele, die tagtäglich auf allen möglichen Plattformen gespielt werden wirklich so sehr?
Der Spieltrieb
Der Spieltrieb wohnt doch irgendwie in jedem von uns und da ist es egal wie alt man ist. Spiele – in welcher Form auch immer – haben die Menschen seit jeher begleitet. Seien es Kartenspiele, Würfelspiele, Glücksspiele oder Strategiespiele. Aber was ist denn nun anders an den so beliebten Spielen für Konsole & Co.?
Der erste Punkt ist auf jeden Fall, dass es sich bei vielen dieser Spiele um Rollenspiele handelt. Man vertreibt also nicht nur die Langeweile aus dem Alltag, sondern man begibt sich in eine ganz neue Welt und wird zu einem anderen Charakter.
Die Besonderheit der Rollenspiele
Was ist also das besondere daran? In erster Linie auf jeden Fall die Möglichkeit sich selbst in einer anderen Form darzustellen und sich Eigenschaften zu verleihen, die man auch in Wirklichkeit gerne hätte. Du wolltest schon immer mal Heilkräfte haben? In der Welt der Spiele ist dies möglich. Laufen ist dir zu anstrengend? Na dann teleportiere dich doch einfach wohin du willst.
Aber wo liegt denn nun die Gefahr? Gibt es überhaupt eine?
Oh na wenn ihr Andrew und seinen Psychiater fragt, dann gibt es diese definitiv, denn ihm wird diagnostiziert, so sehr in seiner Spielewelt versunken zu sein, dass er dadurch verrückt geworden ist und Realität und Fiktion nicht mehr auseinander halten konnte.
„Nein, ich war kein Retter, kein Held. Ich war ein Nerd, dem seine ständige Zockerei einen gewaltigen Dachschaden eingehandelt hatte“
aus: „Andrew im Wunderland – Toranpu Town“ von Fanny Bechert
Und ja nicht nur für Andrew besteht diese Gefahr, denn wer anfängt mehr in der Welt der Spiele zu leben als im echten Leben, der läuft auch Gefahr den Bezug zur Realität zu verlieren und Dinge anders wahrzunehmen. Laut der österreichischen Ärztezeitung können gewaltverherrlichende Spiele auch im realen Leben zu einer Abstumpfung in Bezug auf gewalttätiges Verhalten verursachen. Die Betonung hierbei liegt allerdings auf dem Wort „können“, denn nicht jeder, der ein Spiel mit Gewalt spielt, wird automatisch auch im realen Leben gewalttätig. Viele Faktoren, wie das Alter, das soziale Umfeld und die grundlegende persönliche Mentalität haben Einfluss darauf, wie wir das im Spiel erlebte mit in unseren Alltag nehmen.
Und sonst lauern keine Gefahren?
Nein, das stimmt nicht so ganz, denn es verhält sich wie mit eben jeder Sache, die Glücksgefühle in uns hervorruft – und wer schon einmal so richtig in einem Spiel versunken ist, der weiß, dass solche Rollenspiele das definitiv tun – sie kann süchtig machen.
Und auch dies beeinflusst unsere Wahrnehmung enorm, denn wer wirklich süchtig nach einem Spiel ist, der fängt an über nichts anderes mehr nachdenken zu können und verliert das wahre Leben völlig aus dem Fokus.
Wichtig hierbei ist sich immer selbst zu reflektieren. Wenn man mal 6 Stunden durchzockt ist das absolut nicht schlimm, wenn man allerdings merkt, dass man an nichts anderes mehr denken kann und ohne eine Runde Spielvergnügen am Tag nicht mehr auskommt, der sollte sich professionelle Hilfe suchen.
„Okay, die gute Nachricht war wohl, dass ich nicht dabei war, verrückt zu werden.
Die schlechte war, dass ich es vermutlich bereits war…“
aus: „Andrew im Wunderland – Toranpu Town“ von Fanny Bechert
Also muss es uns nicht zwangsläufig allen so ergehen wie dem armen Andrew. Aber wartet? Ist er denn überhaupt tatsächlich verrückt? Oder gibt es sie vielleicht doch? Die Parallelwelten von denen so viele Spiele erzählen?
~ Svenja